Vergissmeinnicht

Predigt zu Lukas 10,28-32: Marta und Maria

Büchlein Vergissmeinnicht

I ha vor langer Zyt, vor meh aus 50 Johr, äs Büechli gschänkt übercho mit em Name Vergissmeinnicht. Für jede Tag im Johr hets ä Site. Uf jeder Site isch ä Spruch, hüfig eine us dr Bibu, uf viune Site isch ou äs Biud. Dri hei Lüt, won ig ha drum bäte, a ihrem Geburtstag Name u ds Geburtsdatum gschriebe, mängisch no ä Widmig.

Derzue hani ir Schuezyt no ä angeri Art Vergissmeinnicht gha, äs sogenannts Poesiealbum. Familiemitglieder, Fründinne u Schuelkollege hei über vili Johr Site zeichnerisch gschtautet u meischtens no äs Gedicht oder ä Wunsch derzue gschriebe. Uf eir Site z.B. isch ä blaui Rose zeichnet. Derzue isch dr Spruch gschriebe:

Die Rose blüht, die Dorne sticht, die Liebe spricht: Vergissmeinnicht.

Dr Name Vergissmeinnicht für di Erinnerigsbüecher chunnt vomne chliine, blaue Blüemli.

Ds Vergissmeinnicht wird zum Symbol vom Gedänke u vor Unvergesslechkeit.

Ufne eifachi Art drücke di Büecher us, dass mir enang Wärtschätzig u Anerchennig entgägebringe. Mit ere churze Ussag chöi mir so viu Guets bewürke: i vergisse di nid.

Buch Bibel, Lukas 10,38-42

Im Buech vor Bibel si üs viu Gschichte vo Gott u Jesus überlieferet.

Äs si Gschichte, wo Mönsche Gott, üsi grossi Schöpfigschraft, hei erfahre.

Di Erläbnis hei si über Johrhunderte ufgschriebe.

Eini vo dene Gschichte isch die, wo im Lukasevangelium 10,38-42 schteit:

«Als sie weiterzogen, kam er in ein Dorf, und eine Frau mit Namen Marta nahm ihn auf. Und diese hatte eine Schwester mit Namen Maria: die setzte sich dem Herrn zu Füssen und hörte seinen Worten zu. Marta aber war ganz mit der Bewirtung beschäftigt. Sie kam nun zu ihm uns sagte: Herr kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Bewirtung mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie solle mir zur Hand gehen. Jesus aber antwortete ihr: Marta, Marta, du sorgst und mühst dich um vieles; doch eines ist nötig: Maria hat das gute Teil erwählt; das soll ihr nicht genommen werden.»

Die Bibel: unser Buch, unsere Geschichten

Di Värse verzeue üs vor ä Begägnig zwüsche Jesus u dr Marta u dr Maria. We mir di Gschichte us dr Bibu ghöre, de geits drum, dass mir se für üs, i üsi Zyt, überträge.

Di Erzählige hei üs bis hüt öppis z säge. Was isches de, wo mir vor Gschicht über d Marta u d Maria für üs chöi useläse?

Marta u Maria, di zwo ungliiche Schweschtere, -wi lang het me se doch gägenang usgschpiut! D Marta schteit ir Tadition für d vita activa, auso für ds aktive, tätige Läbe. D Maria wiederum symbolisiert d vita contemplativa, auso di mystischi Schou, wo d Gedanke uf ds Göttleche usrichtet u d derbi d Häng i Schoss leit.

Hüfig gits Usenangersetzige zwüsche dene ungerschiedleche Läbeswiise. Was isch wichtiger, Handle oder Bsinne?

I der Erzählig isch das aus Konflikt zwüsche dene zwo Froue beschriebe. Eis isch sicher: d Arbeit vor Marta isch nid nume nützlech u wichtig. Jesus u sini Jünger*inne nä ihri Dienschte no so gärn i Aspruch. Si erläbe Gastfründschaft, wärde is Huus iglade u mit Ässe bewirtet.

Aber schteut Jesus säuber nid d Maria, si adächtigi Zuehörerin, über di gschäftigi Marta? I cha jo ou guet verschto, dass d Marta fingt, d Maria chönnt ihre öppis häufe. Jesus erwideret: d Maria het ds Richtige erwählt, dass si sech ihm zuewändet u zuelost, schiint hie wichtig z si.

D Marta u Maria achten enander: Vergissmeinnicht

We mr aber im Lukasevangelium witerläse, de erfahre mr schnäu, dass dr Lukas ke Polarisierug zwüsche Handle u Lose kennt. Ihm geits scho gar nid um d Abwärtig vor Marta, ganz im Gägeteu. Wi i kem angere Evangelium schpiut bi ihm Diakonie, dr tätig Dienscht für Gott u angeri Mönsche, ä grossi Roue. D Marta wird nid vo Jesus ermahnet, wüu si im Huus wirtschaftet. Ender rüeft Jesus si zum Innehaute, wüu si vor luuter Aktivität ke Rueh meh fingt u sech z viu Sorge um Üsserlechs macht.

Ä übermässigi Beschäftigung cha d Sicht verschteue uf das, wos im Läbe ou gäng wieder achunnt: uf ds Schtiue, Liislige, ufs Lose vo ge göttleche Wort, wo erfüuts Läbe verspräche.

Marta u d Maria si äs Ganzes, si ergänze sich. We si enang respektiere, u nid vergässe, dass es beidi Verhaltenswiise glichermasse brucht, si si dopplet schtarch.

Si si fürenang äs Vergissmeinnicht.

Marta u Maria in uns: Vergissmeinnicht

Marta u Maria verkörpere ungerschiedlechi Verhautenswiise vo eire Person. Di zwo Schweschtere schtö für wichtigi Teile im Läbe vo üs Mönsche. Handle u Lose, Aktivität u Bsinnig, beides bruchts. Ds Läbe isch usgliiche, erfüüut u ewig, we mir di ungerschiedleche Site läbe. Einisch isch meh d Gschäftigkeit gfrogt, äs angers Mou ender d Rueh, d Spiritualität, ds Lose uf üsi Gfüehu u innere Bedürfnis.

Dass isch us der Gschicht usem LK 10 z vernä u das sötti mir aui ou jetz nie vergässe.

Dra erinneret üs ds Vergissmeinnicht.

Gott ruft uns beim Namen: Vergissmeinnicht

Us dr Bibu u ihrne Gschichte vernä mir di göttlechi Botschaft vom Läbe, wo üs verspricht:

Häb ke Angscht, i befreie di. I rüefe di bi dim Name, du ghörsch zu mir. (Jes 43)

U wär weiss, vilicht heit dir jo ou äs Vergissmeinnicht oder äs Poesiealbum. Worum das nid wieder einisch mit öpperem tuusche? Oder worum nid öpperem eis schänke?

De chöi mr schriibe oder läse: i vergisse di nid, i däiche a di.

Ruth Oppliger