zerbrechlich

Predigt vom 3. April 2022, Pfarrerin Ruth Oppliger

 

Mir si im Momänt ir Passionszyt. Ire Wuche isch Palmsonntig. U de chunnt scho d Karwuche. Mir bsinne üs jetz bsungers ufs Liide u Schtärbe vo Jesus. I däm Zämehang richte mir üse Blick hüt uf d Vergänglechkeit vom mönschleche Läbe. «Zerbrächlech», -das isch ds Thema vor Predigt.

Schatz in zerbrechlichen Gefässen, 2. Kor 4,7ff

I de Wort vom Aposchtu Poulus, im 2. Kor 4,7ff, wo mir aus Läsig hei ghört, isch vom Bild vo de «irdene Gfäss» d Red:

«Wir haben diesen Schatz aber in irdenen Gefässen, damit die Überfülle Gott gehört und nicht von uns stammt. In allem sind wir bedrängt, aber nicht in die Enge getrieben, ratlos, aber nicht verzweifelt, verfolgt, aber nicht verlassen, zu Boden geworfen, aber nicht am Boden zerstört. Allezeit tragen wir das Sterben Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an uns offenbar werde.»

Gseh chöi Mönsche Gott nid. Dr biblisch Gott lot sis Wort ghöre u zeigt sech im Würke vo Jesus. D Füui vom göttlech Schatz bliibt gheimnisvou, unverfüegbar, ewig. Em Göttleche gägnüber si Mönsche zerbrächlechi Gfäss us Ton, brüchig u vergänglech. Ds irdische Dosi isch äs vergänglechs Guet. Mönsche si i ihrer Vergänglechkeit aber ds Wärk vom Schöpfer, vore göttleche Töpferin. Äs het Gott gfaue, us Liebi, gwöhnlechi u unperfekti Mönsche aus Gägenüber z schaffe u se sogar zu sine Bote u ihrne Botinne z mache. We Jesus aus Sohn vo Gott, wo aus wahre Mönsche uf Ärde läbt, muess liide u am Chrüz schtärbe, so isch das einersits wine Dütig vom mönschleche Läbe. Äs bedütet angerersits ou, dass Gott im Liide bi üs isch. Gott offebart sech i sir eigete Ohnmacht gägenüber em Chrüz, zeigt sech ir Schwächi vom Mönsch. Ir Solidarität mit Schwache zeigt sech Gott.

Das zerbrechliche Leben

«Zerbrächlech»: Üses Läbe isch vergänglech. Das wüsse mr aui.

I säuber mache mir viu Gedanke über das Thema «Zerbrächlechkeit»: über ds Äuterwärde, über Chrankheit, über Verletzlechkeit u Vergänglechkeit. Mit zuehnähmendem Auter zeigt sech d Ändlechkeit gäng dütlecher. Während di einte ds Glück hei, bi gueter körperlecher u geistiger Verfassig z autere, müesse di angere scho früeh Chrankheit u chronischi Schmärze erträge. Mit zuenähmendem Auter wird’s ou hüfiger, dass Abschiede vo gliebte Mönsche müesse verarbeitet wärde. Zersch erfahre mir, dass Grosseutere u Eutere gebrächlech wärde, dass si zuenähmend Hiuf nötig hei, -bis mir se schliesslech müesse beerdige. Fründinne u Fründe stärbe, mit dr Zyt gäng hüfiger ou us dr eigete Generation.

Simer hoffentlech aus ganz Jung no einigermasse unversehrt u unverbruucht, so erfahre mr mit zuenähmende Läbesjohr Brüch, Verletzige u Abnützige.

I de letschte Johr isch äs Wort gäng wieder bruucht worde, woni vorhär eigetlech nie ha ghört gha: «vulnerabel». Im Zämehang mit Covid 19 isch dä Begriff uftoucht.

Dä Begriff stammt usem medizinische Umfäld. «Vulnerabel», das bedütet: verletzlech, verwundbar. Aus vulnerabli Persone wärde Mönsche bezeichnet, wo bsungere Schutz nötig hei: Im Zämehang mit dr Corona Pandemie si das bsungrs di eutere u vorerchrankte Mönsche.

U aktuell het dä Begriff «vulnerabel» scho ä neui, truuregi Verwändig gfunge. Jede Tag ghöre u läse mir jetz vo dene Millione flüchtende Mönsche im Zämehang mitem Ukrainechrieg. Si si jetz bsungers vulnerable Persone: Müetere mit Ching, auti u verletzi Mönsche, ungerwägs u zmitts i de Trümmer. «Zerbrächlechkeit» überchunnt hie no ä ganz angere Aspekt. Hie geits nid umne natürlechi Vergänglechkeit vom Läbe. Hie geits ums mönschegmachte, gwautsame Verletze,Töte u Kaputtmache vom Läbe u vo Läbesgrundlage.

Ein zerbrochenes Gefäss

«Zerbrächlech». So isch ds mönschleche Läbe: wines Tongfäss. Luege mr uf di Schale, wo äs Sinnbild für ds Läbe isch. Si chunnt vo mine Urgrosseutere. Mi Mueter het mr se witergä. (s. Bild) Di Schale, wo aus Röstiplatte het dienet, isch scho aut u het verschiedeni Näggi. Si isch us bruunem Ton töpferet. Zudem isch si mit farbige Blueme bemalet. Irgendeinisich isch si offebar verheit, kaputtgange. Mir gseh die Späut am Bode u am Rand vor Schale.

Si isch verbroche, aber si isch nid entsorget worde. Öpper het se sorgfäutig gflickt, nid nume gliimet, nei si isch sogar mit Metallchlammere zämegheftet. U so tüecht si mi no spezieller u kostbarer, aus we si neu u perfekt wär. Ds farbige Bluememuschter ufem zerbrochene, gflickte Ton würkt hoffnigsvou u tröstlech. So wird di Platte für mi zum Symbol fürs Läbe, für das zerbrächleche u verletzleche Guet, wo unvollkomme isch, aber einzigartig vor Gott.

Zerbrechlicher Ton und sicherer Fels, Psalm 71

«Zerbrächlech». Mir Mönsche si vergänglich, Gott isch ewig.

I auer Verletzlechkeit isch Gott bi üs. Ds Unerträgleche wird dür di Verheissig erträglecher. Im 2. Kor 4 isch das so beschriebe: mir si ratlos, aber nid verzwiiflet, verfolgt, aber nid verlasse, z Bode gworfe, aber nid am Bode zerstört. Gott isch im Liide bi üs. Derfür schteit ds Liide u ds Stärbe vo Jesus, wo aus wahrhaftige Mönsch gläbt het. We ds Läbe üs mit Gebrächlechkeit konfrontiert, sigs mit Chrankheit u Schmärz, sigs mit Abschied u Verlust, sigs mit Gwaut u Ungrächtigkeite, grad denn hei mir bsungers nötig, dass öpper a äser Site isch.

Mir bruche zersch einisch u jederzyt Mönsche, wo häufe u sech für Grächtigkeit isetze. Das liegt ir Verantwortig vo üs aune, dass mir häufe, wos nötig isch!

U mir bruche aui d Hoffnig uf ds Grosse, Göttleche, wo nid ds Eländ cha besitige, aber wo üs nie äleini lot. Vertroue uf ds Göttleche cha üs träge u füehre, grad ir gröschte Not. U äs isch äs Gschänk, we mr chöi gloube, -u derzue ghört ou ds Zwiifle. Je grösser ds Leid, umso nötiger isch ä Zuespruch, wo üs ufrichtet.

«Du hast versprochen, mir zu helfen, ja mein Fels bist du.» Mir hei mit dene Wort usem Ps 71 am Afang vom Gottesdienscht bätet.

Offebar het ä aute Mönsch di Wort verfasst, wo het Erfahrige vo Gwaut u Ungerdrückig, vo Verletzige u Ungrächtigkeite gmacht. We mr säuber keni Wort meh finge, de chas üs häufe, we mir uf sölegi Wort us de Psalme zruggriife u se für üs lö lo rede. Di Frou, dä Ma, wo sech a Gott wändet, het säuber erläbt, wi zerbrächlech ds Läbe isch. Aber si oder är het nid ufghört, uf Gott z vertroue. I auer Verletzlechkeit vom Läbe blibt Gott di Lebändigi, dr sicher Feus, wo nid zerbricht, ä Schutz une Heimat, wo nie cha verbroche wärde.

Gott isch ä sichere Fels - üses Läbe isch zerbrächlech, wines Gfäss us Ton. Aber ou ir Verletzlechkeit blibe mr einzigartegi Gschöpf vo Gott. Ir Vergänglechkeit, im Auter, ir Chrankheit, we ds Läbe bedroht isch dür Gwaut, -Gott isch mit üs.

Ou we mirs mängisch nid chöi gloube.

Psalm 71

Bei dir, Lebendige, habe ich mich geborgen,lass mich nicht für immer scheitern.Mit deiner Gerechtigkeit rette und befreie mich,neige zu mir dein Ohr und hilf mir.Sei mir ein Fels, eine Wohnung,zu der ich immer kommen kann.Du hast versprochen, mir zu helfen,ja, mein Fels, meine Bergfeste, bist du.Ja, du bist meine Hoffnung, göttliche Herrscherin,Lebendige, meine Sicherheit, von Jugend an.

Auch bis zum Alter, bis zum grauen Haar, verlass mich nicht, Gott-
Bis ich der nächsten Generation von deinen Taten erzähle,
allen Kommenden von deiner Stärke.
Du hast uns viel Angst und Not erfahren lassen,
du wirst uns wieder beleben.
Bring mich zu Ehren
und tröstend wende dich mir zu.
Jubeln sollen meine Lippen, wenn ich dir spiele,
und meine Seele, die du erlöst hast.

(Übersetzung nach: Zürcher Bibel und Bibel in gerechter Sprache)