Schenken und beschenkt werden

von Pfarrer Roman Häfliger

Mit Weihnachten steht auch die Zeit der Geschenke vor der Tür.

Bekommen Sie auch gerne Geschenke? Schön eingepackt, mit einem glänzenden Bändeli und einem Lächeln überreicht? Anders als an einer Geburtstagsfeier bekommt an Weihnachten nicht nur der Jubilar Geschenke. Nein, im besten Fall sind die Beschenkten gleichzeitig Schenkende, die Bescherung ist ein fröhliches Hin und Her von Glückwünschen, Danksagungen und Oh-wie-schön-Rufen.

Machen Sie auch gerne Geschenke? Wir alle wissen um die Herausforderungen bei Auswahl und Beschaffung von Geschenken. Aber beim Einpacken oder spätestens beim Überreichen ist das vergessen, und die Freude am Geschenk wird auch bei der schenkenden Person spürbar.

Schon in alten Zeiten und Kulturen war das so. Zum weisen König Salomo kam «alle Welt», wie es im ersten Königsbuch geschrieben steht: «Und sie brachten ihm, ein jeder, ein Geschenk: Geräte aus Silber und Geräte aus Gold, Gewänder, Waffen und Balsam, Pferde und Maultiere, Jahr für Jahr.» Ja, auch zur ersten Weihnacht gab es Geschenke. Maria und ihr Kind bekamen Gold, Weihrauch und Myrrhe von weitgereisten Sterndeutern. (Matthäus 2,11)

Was aber, wenn ich kein Geschenk geben kann? Wenn ich nicht zu denen gehöre, die sich ein Geschenk leisten können, weil ich sonst die nächste Miete nicht bezahlen oder meinen Kindern kein Znüni mit in die Schule geben kann? In den sozialen Medien machte unlängst (wieder) der Aufruf die Runde, man möge doch den Kindern nicht erzählen, ihr neues Tablet käme vom Weihnachtsmann. Das bringe andere Eltern in Erklärungsnot, deren Kinder nur Socken bekommen würden.

 

 

Was aber, wenn ich kein Geschenk geben kann? «Die Geschenke eines Menschen schaffen ihm Raum und führen ihn vor die Grossen», heisst es im Buch der Sprüche (18,16). Auch diese Erkenntnis ist also bereits älter.

Das Weihnachtslied The Little Drummer Boy beschreibt eben dieses Dilemma eines Jungen, der gerne auch zur Krippe ginge, aber kein Geschenk beschaffen kann. Zum Glück merkt er plötzlich, dass er ja seine Trommel hat und dem Kind ein Lied vorspielen kann. Shall I play for you?, fragt er – und dann: I played my best for him, then he smiled at me and my drum. Ich spielte für ihn, so gut ich konnte, und er lächelte mir und meiner Trommel zu.

Das Lied hat etwas Absurdes. Mir wäre noch nie in den Sinn gekommen, einem Neugeborenen etwas auf der Trommel vorzuspielen! Aber die Reaktion gibt dem Schenkenden recht. Der kleine Tambour konnte so schön und fein trommeln, dass es in den Ohren des neugeborenen Jesus lieblich klang. Damit nahm er eine Aufforderung vorweg, die später Eingang in den ersten Petrusbrief fand: «Dient einander – ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat – als gute Haushalter der vielfältigen Gnade Gottes.» Dieses Schenken ist unabhängig von Gepflogen­heiten und ökonomischen Einschränkungen.

Mir ist bewusst, dass die oben beschriebenen Ungerechtigkeiten damit nicht aus der Welt geräumt werden. Aber das Weihnachtslied zeigt eine andere Herangehensweise im Umgang mit Schenken und beschenkt werden auf.

In diesem Sinne schenken wir Ihnen unsere Version des Little Drummer Boy. Und wünschen einen besinnlichen dritten Advent.

 

PS. Wenn Sie auch gerne Musik verschenken möchten, informieren Sie sich doch hier. Und andere gute Geschenke finden Sie hier.