„Feuerzungen“ an Pfingsten

In den letzten Tagen kam mir immer wieder eine Lehrerin in den Sinn, die uns Schüler*innen vor Pfingsten einmal fragte: „Jetzt gibt es wieder ein verlängertes Wochenende – schade, dass die meisten gar nicht mehr wissen, warum. Wisst Ihr es!?“ Unsere Antworten sind mir nicht geblieben, aber ich erinnere mich an zaghafte Versuche, das zu beschreiben, um was es da an Pfingsten geht…
Was hätten Sie geantwortet? Wie ist das beispielsweise mit den „Feuerzungen“, von denen die Apostelgeschichte (Kapitel 2) erzählt: Beim ersten Pfingstfest werden sie zum Symbol für die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Die „Feuerzungen“ machen die Kraft erkennbar, deren Wirkung wir zwar spüren, aber wie eine Flamme nicht greifen können. Konkret wird in dieser Geschichte erzählt, wie durch die Heilige Geistkraft die Zungen von Menschen berührt werden und sich dadurch Leute verstehen können, die es vorher nicht konnten. Wie da neue Verbindungen entstehen, das beeindruckt mich. Das macht mir Mut!


Wenn Sie jetzt über die Pfingsttage zur Stadtkirche schauen, werden sie vom Turm „Feuerzungen“ flattern sehen. Oder wenn Sie das nächste Mal die Kirchenfenster im Chor betrachten, können Sie oben rechts entdecken, wie die Feuerflammen über den Köpfen der Apostel „züngeln“. Das Unerwartete scheint in ihre Gesichter geschrieben. Sie wirken auf mich so, als ob sie noch gar nicht ganz begreifen, was da geschieht. Der Funken ist ja gerade erst daran, überzuspringen: sie mit der göttlichen Geistkraft zu verändern.
Für mich ist wichtig, dass wir Symbole wie die „Feuerzungen“ oder die Taube haben, die uns an den Heiligen Geist erinnern: Sie helfen uns beschreiben, was sich durch diese Geistkraft immer wieder verändert! Das wollen wir feiern, am ersten Gottesdienst nach dem Lockdown: Pfingsten 2020.

In der folgenden Meditation von Marlis Eigensatz können Sie Spuren der Heiligen Geistkraft entdecken:

Gottes Geist, die Ruah, die leise Macht göttlicher Liebe wirkt im Hauch, im leisen Atemzug, mitten im Leben, unauffällig, unerwartet.
Gottes Feuer der Liebe, herabgekommen auf die Erde, brennt unaufhörlich, ewig. Aus ihm entschwebt die Ruah, durchdringt alles, Erde und Wasser, Blumen und Gräser, Bäume und Sträucher, Tiere im Wasser, in der Luft und auf der Erde, Menschen im Süden und im Norden, im Westen und im Osten.
Bevor die Erde war, schwebte der Geist Gottes, die Ruah, über den Wassern, die weibliche, göttliche Lebenskraft. Ihr Wirken ist unberechenbar, befreiend, bringt neuen Schwung, setzt in Bewegung, gibt Kraft und Mut.
Gottes Geist, die Ruah, schafft neues Leben, macht sehend, ist immer gegenwärtig, auch wenn wir sie nicht spüren, nicht wahr-nehmen. Stillstand oder gar Krebsgang ist nicht ihr Werk.
Gottes Geist, die Ruah, verändert, was unveränderlich scheint. Sie heilt Wunden, die niemand sonst heilen kann, Sie tröstet, wo menschlicher Trost versagt.
Gottes Geist, Ruah, du Hauch der Kraft Gottes, berühre unsere Herzen und mach uns bereit, deinen leisen Ruf zu hören.

Gottesdienst Turmkonzert und Feuerzungen: Alle Angaben zu Pfingsten 2020