Warum der Schäfer jedes Wetter liebt

Heute geht es um Psalm 23. In den Psalmen gibt es wohl kaum ein bekannteres Bild für das Vertrauen zu Gott und seine Unterstützung, wie das Bild vom guten Hirten. Einer, der schaut und sorgt. Jesus nimmt das Bild auf und erzählt in einem Gleichnis vom göttlichen Hirten, der nach einem einzelnen Schaf suchen würde, wenn es sich verirrt - sogar aus einer grossen Herde von 100.

Worum geht es im Bild vom Schaf und dem Hirten? Da spricht jemand von Sicherheit, die Leben bewahrt und erhält. Und das wird mit den Gaben beschrieben, die für Mensch und Tier im alten Orient über-lebens-wichtig waren. Frisches Wasser, saftige Weide für die Tiere, genügend Nahrung, Trampelpfade, die durch weglose Einöde führen. Das ist alles andere als Hirtenromantik. Statt Sonnenuntergangsidylle geht es um Vertrauen – draussen bei der Herde zeigen sich die Qualitäten eines Hirtens ja besonders nach Sonnenuntergang - wenn die Gefahren der Nacht lauern.
Für mich stecken in diesen Versen Lebenserfahrungen: Da wollte jemand das, was er erlebt hatte, in ein Bild fassen. Hat einen Vergleich gewagt, einen Erinnerungspunkt gesetzt, damit es später nicht im alltäglichen Trott vergessen geht: Er will sich erinnern, dass Gott den Mangel nimmt und mit dem Nötigsten versorgt. Das nimmt die Furcht. Die Sorgen werden kleiner, das Vertrauen kann wieder wachsen.
Das vertrauensvolle Bild von Hirten spricht offensichtlich noch heute an, zahlreiche Beispiele finden sich in Netz. Hier anfügen möchte ich noch das Projekt «offene Bibel» und eine Geschichte. Doch zuerst kommt der Klassiker selbst:

1. Psalm 23 Der HERR ist mein Hirt (ZH, ein Blick zu anderen Übersetzungen)

1 Ein Psalm Davids. Der HERR ist mein Hirt, mir mangelt nichts, 2 er weidet mich auf grünen Auen. Zur Ruhe am Wasser führt er mich, 3 neues Leben gibt er mir. Er leitet mich auf Pfaden der Gerechtigkeit um seines Namens willen. 4 Wandere ich auch im finstern Tal, fürchte ich kein Unheil, denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab, sie trösten mich. 5 Du deckst mir den Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, übervoll ist mein Becher. 6 Güte und Gnade werden mir folgen alle meine Tage, und ich werde zurückkehren ins Haus des HERRN mein Leben lang.


2. Psalm 23 in Leichter Sprache, im Projekt «offene Bibel»

Das ist ein Lied von David:

1
Gott ist immer bei mir.
Darum geht es mir gut.
Ich habe alles, was ich brauche.

2
Gott sorgt für mich.
Ich esse und trinke und werde satt.
Ich finde Ruhe.
Das tut mir gut.

3
Mein Atem wird kräftig.
Ich lebe.
Gott zeigt mir den richtigen Weg.
Gott macht mir Mut.
Gott macht mich stark.
Er hat es versprochen.
Davon will ich erzählen.

4
Manchmal habe ich Angst.
Manchmal bin ich krank.
Manchmal habe ich Schmerzen.
Auch dann weiß ich:
Gott ist da.
Gott hilft mir.
Gott beschützt mich.

5
Gott deckt einen Tisch für mich.
Von Allem ist genug da.
Ich darf essen und trinken.
Meine Feinde beneiden mich.
Gott gibt mir schöne Kleider
und duftendes Parfüm.
Von allem ist genug da.

6
Gott gibt mir nur Gutes und Liebes.
Ich fühle mich wohl
und bin fröhlich,
mein Leben lang.
Ich wohne mit Gott
in seinem Haus.
Ich bin bei Gott,
jeden Tag.


3. Warum der Schäfer jedes Wetter liebt?

Vom Vertrauen handelt auch die Geschichte, mit der heutigen Predigt den Titel gab. Sie stamm von Anthony de Mello (1931-1987), einem indischen Jesuitenpater, der gerne in eine Geschichte packte, was ihm wichtig war. (Quelle der Geschichte, unbekannt)

Anthony de Mello: Warum der Schäfer jedes Wetter liebt?
Ein Wanderer: Wie wird das Wetter heute?
Der Schäfer: So, wie ich es gern habe. –
Woher wisst Ihr, dass das Wetter so sein wird, wie Ihr es liebt? –
Ich habe die Erfahrung gemacht, mein Freund, dass ich nicht immer das bekommen kann, was ich gerne möchte. Also habe ich gelernt, immer das zu mögen, was ich bekomme. Deshalb bin ich ganz sicher: das Wetter wird heute so sein, wie ich es mag.
Was immer geschieht, an uns liegt es, Glück oder Unglück darin zu sehen.

Pfr. Frank Naumann, zum Gottesdienst vom 6.6.21