Mutterschaft und häusliche Gewalt

Gastbeitrag von Christine Meier

Geschäftsführerin a.i. der Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern

Gewalt gegen Schwangere und gegen Frauen mit Kindern findet leider allzu oft statt. Und dies in den eigenen vier Wänden, an dem Ort, wo alle sich geborgen und sicher fühlen sollten. Betroffene schweigen aus Scham, aufmerksame Familienangehörige, Nachbarn, Freundinnen aus Hilflosigkeit. Die diesjährige Kampagne 16 Tage gegen Gewalt an Frauen stellt gewaltbetroffene Mütter ins Zentrum.

Mutterschaft und damit die Anwesenheit von Kindern verändert die Situation der von häuslicher Gewalt betroffene Frauen grundlegend. Für sie geht es als Mutter nicht mehr nur um ihr eigenes Befinden. Das Wohl der Kinder rückt stark ins Zentrum. In Fällen, wo die Gewalt ausschliesslich gegen die Frau selber gerichtet ist und der Mann von den Kindern geliebt wird, geraten die Frauen zudem in ein grosses Dilemma: Dürfen sie sich vom Partner trennen und die Kinder damit aus der gewohnten Familie herausreissen?

Da eine traditionelle Rollenteilung für die Frau mit finanzieller Abhängigkeit verbunden ist, sieht sie sich bei einer Trennung auch mit Problemen der Existenzsicherung konfrontiert. Die Angst vor dieser Ungewissheit führt dazu, dass Mütter, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, diese oft lange erdulden und dass sie verdrängen, dass das Miterleben von häuslicher Gewalt bei den Kindern in jedem Fall bleibende Spuren hinterlässt.

Häufig ist jedoch gerade das Kindswohl der Hauptgrund, warum Frauen den Mut finden, einen gewaltausübenden Partner zu verlassen. Wenn die Kinder ZeugInnen der Gewalt werden oder selber direkt von physischer, psychischer oder sexualisierter Gewalt betroffen sind, ermutigt dies die Mütter, sich aus der Situation zu befreien. Wenn sie sich bewusst werden, dass die Kinder Albträume haben, dass sie zunehmend verängstigt oder aggressiv sind und so auf ihre Weise auf die familiäre Situation reagieren, machen sie sich Sorgen und finden den Mut, (auch) im Interesse der Kinder aktiv zu werden.

Die Kampagne der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen - zwischen dem 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, und dem 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, will informieren, sensibilisieren und ermutigen. Informieren über die weltweit vielfältigen Formen von Gewalt an Frauen; uns alle sensibilisieren für gesellschaftliche Gegebenheiten, welche es Mütter erschweren, sich aus einer gewaltgeprägten Beziehung zu befreien; Betroffene ermutigen, sich Hilfe zu holen und den Schritt aus einer Gewaltbeziehung zu wagen.