Votum

Und das Blatt war wüst und leer, und Finsternis lag auf meinen Gedanken; doch der Geist Gottes schwebte über meinem Suchen. Frei nach dem grossen Anfang von 1. Mose 1,2

Gebet

Gütiger Gott
An diesem Novembermorgen kommen wir zu dir:
wollen miteinander singen und beten,
uns stärken für den Alltag:
wie schön wäre es, wenn wir dir mehr vertrauen könnten, dass du auch für unsere Füsse Wege findest.
du weisst, was den lieben langen Tag beschäftigt,
wo wir uns auf vieles verlassen, doch selten auf dich.
Drum bitten wir dich, Ewiger:
lass uns deinen Segen entdecken.
Zünd dein Licht in uns an.
Gib dem Leben Kraft
und mach uns deiner treuen Pflege gewiss.
Treib die finsteren Erfahrungen aus,
lass uns deinen Mitteln trauen.
Heile, was die Herzen kränkt und grämt
Stell uns auf Wege, die wir gehen können.
halt uns Tag und Nacht in deiner Hand.  AMEN

Schriftlesung

Sprüche 8,22-35

Predigt

Mängisch geht alles ring. Läuft wie am Schnürchen. Alles in ButterGesagt getan. Andere Male ist es anders. Ganz anders. Dem Anfang wohnt kein Zauber inne. Vor mir ein leeres Blatt, den Stift in der Hand, doch es will einfach nichts passieren. Das Blatt bleibt weiss und leer.
Diese Erfahrung machten wir diese Woche an einer Wei-terbildung zum Thema. Für so «leide» Situationen, wo wir ein weisses Blatt vor uns haben – oder der Monitor vom Computer leer bleibt. Auch im Kopf diese Leere oder so eine Fülle, dass sich aus all dem kein klarer Gedanken pa-cken lässt.
Man möchte oder muss etwas machen, aber alles stockt. Und je mehr ich versuche, aus dem Stocken herauszu-kommen, umso mehr bleibe ich stecken.
Man möchte oder muss etwas machen, das erleben nicht nur Menschen, die im Dienst der Kirche stehen. Wie z.B. PrädikantInnen, für die diese Weiterbildung bestimmt war. Auch sie leiden manchmal an dem weissen Blatt vor sich.
Wisst ihr überhaupt, wer PrädikantInnen sind? [...]
Sie haben ein wichtiges Ehrenamt, früher Predigthelfer. Hier im Kt. Bern haben wir ca. 40 Männer und Frauen, sie sind Berufsleute und schon pensioniert und setzen sich für Gottesdienste ein.
Und für sie gibt’s einmal im Jahr eine Weiterbildung. (FN in Kom. SR) Und ich möchte euch von dem erzählen, zum einen, weil es mir Eindruck macht, wie Menschen sich en-gagieren. Zum andern: Diese Leere erleben nicht nur Leu-te, die einen GD vorbereiten und immer mal wieder ein lee-res Blatt vor sich haben oder so viele Ideen, dass man gar nicht weiss, wo anfangen. Ich bin mir sicher, dass viele von euch ähnliche Erfahrungen machen. Hier ein paar Bsp:

Gerade jetzt im November zwischen Allerheiligen und Ewigkeitssonntag. Wenn man an jmd denkt, der in Trauer lebt, und schon lange wollte man ihn besuchen. Doch im-mer wieder gab es einen Grund. Man ist noch nicht hinge-gangen und mit jedem Tag wird es noch etwas schwerer. Oder schon vorher, als die Kondolenzkarte zu schreiben war. Auch da ein weisses Stück Karte. Welche Worte fin-den, um auszudrücken, was ich sagen möchte, wie kann ich mein Beileid in Worte fassen, die trösten. Manchmal ist es schwer und die Kondolenzkarte bleibt lange leer.

Oder wenn jetzt bald die alle-Jahre-wieder-Zeit beginnt. Auf die sich die einen freuen. Dass sie kommt. Und andere hoffen, dass sie bald wieder vorbei ist. Auch in ihr entde-cke ich leere Flecken: die Leerstelle bei der Frage, über welches Geschenk sich meine Nächsten wirklich freuen würden. Die Frage, wie ich das Energiesparen und die leuchtende Weihnachts-Dekoration zus.bringe. Bis hin zu der Frage, was es braucht, damit die Familienfeier dieses Jahr gelingt?
 
Oder wenn wir im Berufsleben neue Wege beschreiten wollen (müssen), und vor lauter Erwartungen fühlt man sich blockiert, kommt nicht weiter. Wie wenn wir über einem leeren Blatt grübeln und für die Hand gibt es nichts zu schreiben. //
Kennt ihr solche oder ähnliche Situationen? Die herausfor-dern, verunsichern, lähmen? Wie geht ihr damit um? Mit welchen Schritten beginnt ihr? Wie kommst du aus dem Stillstand, über die Leere hinaus?

Mit den PrädikantInnen zusammen haben wir einiges ent-deckt und ausprobiert. Vielleicht ist ja etwas dabei, dass dir hilft, etwas zu füllen, das leer vor dir steht. Fünf Entde-ckungen möchte ich mit euch teilen:
Einfach mal anfangen. Noch nicht an die fix-fertige Lösung denken. Weder an die fertige Predigt, noch an die Kondo-lenzkarte, noch ans Weihnachtsmenü. Einfach mal anfan-gen. Z.B. mit der Frage: Was ist mir für die kommende Hei-lige Zeit wichtig? Was möchte ich auf der Kondolenzkarte gerne schreiben? Welches Desserts habe ich gerne? Erste Worte auf ein leeres Blatt. Einfach mal anfangen. Nicht lange grübeln. Und:

Die Zeit beschränken: nicht ewig «hirnen». Nimm dir nur ein paar Minuten Zeit. – Das hat funktioniert. Das hat mich überrascht. Wie viel da bei mir und anderen zusammen-kam. Nicht ewig über dem leeren Blatt - oder was immer es ist - brüten. Die Zeit beschränken, für das, was zuvorderst ist.

Mache es dir leicht. Tue das Schwere für einen Moment auf die Seite. Probier einfach ‘mal etwas aus. Die Prädikan-tInnen bspw. haben mit Worten gespielt und kleine Ge-dichte geschrieben. Nur 11 Worte lang. In der Kürze liegt die Würze. In der Kürze steckt schon ganz viel drin. Als ob einem die Weisheit küsst.
Vielleicht entdeckst du bei deinem Anliegen auch etwas Spielerisches und die Weisheit küsst dich. Mache es dir leicht.
Das gefällt mir so gut an der Schriftlesung (Sprüche 8,22-35): Wie die Weisheit sogar das schöpferische Tun Gott umspielt und sich freut, wie da aus dem Wüsten und Lee-ren – Leben und Fülle entsteht. Leben und Fülle sind schon da, auch wenn ich noch auf der Suche bin.

Bleibe nicht allein. Sich mit anderen austauschen. Finde ein Gegenüber, das dir zuhört. Dem du dich anvertrauen kannst. Mit dem, was schon da ist. Was da inzwischen schon auf dem Blatt steht. Und dem, was vielleicht noch fehlt. Und hören, wie das für den anderen klingt, was es bei ihm auslöst. Andere mit ins Boot holen, dein Anliegen teilen: wie der Wunsch, dass die Familienfeier gelingen mag. Mein Anliegen teilen, und scheint es noch so klein. Mit dem, was mich umtreibt, nicht allein bleiben. [vgl. kirchl. Angebot Seelsorge & Diakonie]

Und Vertrauen: dass sich Wege finden. So wie in dem Lied: Befiehl du deine Wege (RG 680). Da ist die Lösung auch nicht gleich in der ersten Strophe. Über 12 Strophen geht der Weg. Doch gleich in der 1. Strophe verändert sich etwas: «Einfach mal anfangen» auch hier - mich selbst Gott anbefehlen. Um Weisheit bitten für die ungelöste Auf-gabe / schwere Situation.
Mich «anvertrauen», so wie wir das nachher noch singen werden, dass Gott mir aus der Kummerhöhle heraushilft. So wie andere Male auch. Ja, vielleicht sogar auf neue Wege führt, wie es im letzten Lied hiess (RG 843). Dann, wenn ich auf die Frage nach dem nächsten Schritt noch keine Antwort gefunden haben. Immer wieder Vertrauen üben.
Und mich erinnern, wie sich schon früher ein leeres Blatt füllte. Wie mich Vertrauen getragen hat.

Wenn das nächste Mal ein leeres Blatt vor mir liegt, will ich dran denken: Ganz am Anfang der Bibel ist es wüst und leer. Der Moment, bevor die Schöpfung einsetzt, Neues beginnt. Daran will ich mich erinnern: wenn das Blatt wüst und leer ist, und Finsternis auf meinen Gedanken liegt; schwebt doch der Geist Gottes über meinem Suchen. Le-ben und Fülle sind schon da. AMEN

Segen

Der Barmherzige segne dich und behüte dich.
Der Gütige lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Der Ewige hebe sein Angesicht zu dir und gebe dir Frieden.

Gottesdieinstteam

Pfr.: F. Naumann
Lektorin: St. Schafer   
SigristIn: M. Trüssel
Organist: H. Hirsbrunner, Alphorn: P. Ryf
Sie spielten die Alphornmesse von Hans-Jürg Sommer