Eine Vision von Frieden und Weizen

Pfarrer Roman Häfliger

 

Lebt als Kinder des Lichts!

Lebt als Kinder des Lichts – das Licht bringt nichts als Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor –, indem ihr prüft, was dem Herrn gefällt, und beteiligt euch nicht an den fruchtlosen Werken der Finsternis, sondern deckt sie auf! Denn was durch sie im Verborgenen geschieht, auch nur auszusprechen, ist schon eine Schande; alles aber, was aufgedeckt wird, wird vom Licht durchleuchtet, ja, alles, was durchleuchtet wird, ist Licht. Darum heisst es: «Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird Christus dein Licht sein.»

Epheser 5,8b-14

 

«Läbet als Chinder vom Liecht! S Liecht bringt nüt anders als Güeti, Grächtigkeit u Wahrheit füre.» Es isch e Schlüsselstell im Epheserbrief, wo d Bestimmig vor christliche Identität u Läbensgstaltig reflektiert: Die, wo a Christus gloube, gstalte ihres Läbe in bewusster Differenz zu ihrer Umgäbig. Und zwar im Wüsse, dass si sälber früecher ou so gläbt hei wie alli andere, dass si ihres neue Sy nume er gschichtliche Versöhnigstat vo Jesus Christus verdanke.

Es isch ou e Schlüsselstell für d Frag, wo üs hüt beschäftiget: üsi Antwort ufs göttliche Handle i üsem Läbe. Und doch bruuchts e grossi Übersetzigsarbeit, us dr Wält vo de erste christliche Gmeinde is hütige Burgdorf.

 

In fernen Tagen

Zersch aber göh mir no mou es paar Jahrhundert zrügg uf dr Zytachse. Dr Predigttext chunnt usem Buech Jesaja. Die ältiste Ussage i däm Buech stamme vomne Prophet mit däm Name, wo im 8. Jahrhundert v.Chr. in Jerusalem gwürkt het.

«Das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem: In fernen Tagen wird der Berg des Hauses des Herrn fest gegründet sein, der höchste Gipfel der Berge, und erhoben über die Hügel. Und alle Nationen werden zu ihm strömen, und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt und lasst uns hinaufziehen zum Berg des Herrn, zum Haus des Gottes Jakobs, damit er uns in seinen Wegen unterweise und wir auf seinen Pfaden gehen. Denn vom Zion wird Weisung ausgehen und das Wort des Herrn von Jerusalem. Und er wird für Recht sorgen zwischen den Nationen und vielen Völkern Recht sprechen. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Keine Nation wird gegen eine andere das Schwert erheben, und das Kriegshandwerk werden sie nicht mehr lernen. Haus Jakob, kommt und lasst uns gehen im Licht des Herrn!»

Jesaja 2,1-5

 

Was fürne schöni Verheissig, wo dr Jesaja gseh het! Schwärter zu Pfluegschare wärde si schmiede, Speer zu Winzermässer, niemer wird me s Kriegshandwärk lehre. «In färne Tage» wird das passiere, gseht är ir Verheissig.

Auf, kommt herbei, lasst uns wandeln im Lichte des Herrn!

I üsere Zyt isch grad s Gägeteil dr Fall, vermehrt wärde wieder Pfluegschare zu Schwärter umgschmiedet, und s Lerne vom Kriegshandwärk wird üsne junge, friedens­verwöhnte Generatione dringend empfohle.

En Umfrag vor Militär-Akademie ar ETH unter meh als 1000 Befragte het Vermuetige bestäti­get: Während im Januar no 25% gfunde hei, d Schwiz bruuchi ke Armee, sis im Juni nume no 20% gsi mit dere Meinig. D Forderig nachere «vollständig usgrüstete Armee» findet so höche Zuespruch wie no nie: 74% vo de Befragte verträte die Aasicht. Pazifismus wird als naiv belächlet wie scho lang nümm, en allfälligi Mitschuld am Krieg ir Ukraine wird ir mangelnde Abschreckig gseh.

I versueche mir dr Prophet Jesaja vorzstelle. Ir Zyt, wonär gwürkt het, isch e Grossteil vor bekannte Wält vo de Assyrer eroberet gsi, so ou die historisch und kulturell verwandte Nachbare im Norde vo Jerusalem. Ou in Juda, wonär gläbt het, isch d Beziehig zu däm mächtige Rych aagspannt gsi.

Was Jesaja beschribt, het er also nid i sim Alltag chönne gseh. Ringsume het me zwar Pflueg­schare bbrucht, um Getreide fürs eigete Über­läbe aazboue und für das, wo de Assyrer het müesse abglieferet wärde. Insgheim het aber äuä dr eint oder ander es Schwärt afo schmiede, um sich vor Frömdherrschaft z befreie.

Es sy ou nid Wort, wo damals vor Politik hei wöue ghört wärde. Dr Herrscher in Jerusalem het sich de Gägner vo Assur, de Babylonier zuegwändet und drmit en assyrischi Belagerig provoziert, wo ire höche Tributzahlig het g’ändet (vgl. Jes 1,7-9).

Und doch nimmt dä Prophet grossi Wort ids Muu: In färne Tage wärde Natione friedlich zu Gottes Bärg ströme, damit Gott üs unterwyst und mir uf Gottes Wäge göh. Ringsume tobe Grossmächt, und är vertrout ufe göttlich Friede! In färne Tage, zytlich loht er sich nid uf d Äst use, aber immerhin: Sie wärde cho, irgendeinisch, die färne Tage!

Auf, kommt herbei, lasst uns wandeln im Lichte des Herrn!

 

Antizyklisches Verhalten

Bis es sowyt isch – und es chönnt ja ou 2700 Jahr nach dere Verheissig immer no länger duure –, stellt sich d Frag, wie mir d Zwüschezyt mit­gstal­te. Drzue hani scho verschiedeni Meinige ghört; i de vergangne Monate schärfer artikuliert. Eini isch, sich nid naiv ufe Gloube z verlasse, sondern sälber d Waffe zur Hand z näh, wüu Gwalt nume mit Aadrohig vo Gägegwalt cha ufghalte wärde. En anderi isch, Gott wieder mou grundsätzlich in Frag z stelle – was isch de das fürne Gott, wo soviel Leid uf dr Wält zueloht und nid ygriift?!

Nomou en anderi chönnt sy, sich antizyklisch z verhalte: Im Chlyne scho jetzt, wyt wäg vo de färne Tage, z probiere, wie die göttlichi Zuesag chönnt würke. Mit chline Tate, wo Gottes Liecht ou dür üs löh lo schyne. Als Chinder vom Liecht läbe.

Wenni Jesajas Verheissig richtig verstoh, gründet dä göttlich Friede – dass niemer me muess s Kriegshandwärk lehre – uf zwo Komponänte: Rächt zwüsche de Völker einersits, und Ernährigs­sicherheit anderersits. D Verantwortig fürs Völkerrächt wird i dere Verheissig Gott zuegsproche: Gott wird für Rächt sorge und vielne Völker Rächt spräche.Sithär versueche verschiedeni mönschlichi Institutione, sich der e Ufgabz stelle.

D Verantwortig für Ernährig und Versorgig hingäge wird scho ir Verheissig de Mönsche übertreit. D Mönsche söue Waffe zu Wärkzüg umschmiede, und dass die Wärkzüg denn söue bbrucht wärde, verstoht sich vo sälber.

Vilicht isch das en Ort, wo mir chöi aasetze? Wi äng Ernährigssicherheit mit wältwyte Abhängig­keite verknüpft isch, isch üs ou i de vergangne Monate wieder vor Ouge gfüehrt worde. Es Ufschnuufe isch dür d Wältpolitik, wo am 5. August 2022 s erste Frachtschiff en ukrainische Hafe verlasse het. Dank de Brichte vo Hilfswärk und NGO wüsse mir ou, wie wichtig lokali Versorgig fürnes friedlichs Mitenand isch. I däm Bereich gäbs also göttlichs Liecht wyterztrage, sigs im Wytergäh vo altem landwirtschaftlichem Wüsse, sigs im Unterstütze vo entsprächende Projekt, sigs imne gmeinsame Garte mit Zuegwanderte, wie das uf dr Wöschhuusmatte scho länger passiert.

Auf, kommt herbei, lasst uns wandeln im Lichte des Herrn!

 

Kirchenlied

Dr Fokus uf d Ernährig und en Aabou isch vom Text här motiviert, letztändlich aber nume eis Bispiel unter vielne. Sicher chöme öich no ganz anderi Bispiel i Sinn, wie dir öich im Warte uf die färne Tage chöit antizyklisch verhalte.

Es beydruckends Bispiel hani i üsem Gsangs­buech gfunde. I gibes zue: S Lied 861 hani vorhär nid gkennt. Hüt möchtis mit öich singe, wüus üs die Jesaja-Verheissig in Wort und Melodie nöcher bringt: «Es wird sein in den letzten Tagen.»

Gschribe worde ischs ir damalige DDR. Dr bib­lisch Text umgschribe het dr Walter Schulz. Är isch 1925 gebore worde, het Kriegsdienst gleistet, isch in US-amerikanischi Gfangeschaft cho, und het später evangelischi Theologie studiert. D Melodie het dr Manfred Schlenker gschribe, är isch 1926 uf d Wält cho, het äbefalls Kriegsdienst gleistet und isch in sowjetischi Gfangeschaft cho, woner u.a. als Gfangenechor- und Orchesterleiter het gwirkt.

Das Lied isch im 6/4-Takt gsetzt, die meiste Takt löh sich ine 2x3-Rhythmus unterteile, lade fasch y zum Tanze und nähme öppis vo de «färne Tage» vorwäg. Dass es noni so wyt isch, merkt me i jeder Strophe zwöimou: Es git zwe Takt, uf dr zwöit- und unterste Zyle, wo nid in 2x3, sondern in 3x2 ufteilt sy. Bim Singe chöme mir is Stocke; mir wärde im Melodiefluss dra erinneret, dass die färne Tage äbe no färn sy.

Dr Refrain bricht us dr Schilderig vom Prophete­wort us und wird zur Ufforderig. Das isch en Impuls a üs, a alli, wo das Lied singe und lose, hie und jetzt, scho chli öppis vo dene Vorzeiche z gspüre. In Musig übersetzt wird’s, indäm dr Schluss plötzlich vo h-moll in H-Dur änderet: Gottes Liecht wird in ufstigender Tonfolg besunge.

Im Wüsse, dass die färne Tage immer no färn sy, dass es no e Zytlang wird duure, bis mir Schwärt in Pfluegschare umschmiede, lad ig öich jetzt y, öppis vo dere Hoffnig vorwägz’näh.

Sich antizyklisch verhalte heisst ou, sich ab und zue, amne Sunntigmorge zum Bispiel, Muet und Hoffnig zue z’singe.

Auf, kommt herbei, lasst uns wandeln im Lichte des Herrn!

 

8. Sonntag nach Trinitatis, 7. August 2022