Die Einzelnen stärken – Gemeinschaft suchen

Gottesdienst zum Visionssonntag, 7.11.21
Pfr. Frank Naumann
Vision 21: Von Gott bewegt. Den Menschen verpflichtet.
Heute: Die Einzelnen stärken – Gemeinschaft suchen.

 

[…]

1. Lied All Morgen ist ganz frisch und neu RG 557,1.4-6

 

Gebet

Gütiger Gott

In der Frische des neuen Tages kommen wir zu dir:

wollen miteinander singen und beten,

uns stärken für den Alltag:

wie schön wäre es, wenn:

jeder Morgen wirklich ganz frisch und neu ist

wenn wir deiner Gnad und großen Treu mehr vertrauen könnten.

du weisst, was uns den lieben langen Tag beschäftigt,

verlassen uns auf vieles, doch selten auf dich. //

Drum bitten wir dich, O Gott,

sei uns wie ein schöner Morgenstern,

Zünd dein Licht in uns an,

lass uns leuchten in der Welt.

und mach uns gewiss: an Gnade hat es keinen Mangel. //

Treib die Finsteren Erfahrungen aus,

die uns und andere lähmen.

Behüt uns, Herr, wenn uns Ärger,

Sturheit oder Scham vom Ziel abbringen.

Ja: halt uns Tag und Nacht in deiner Hand. //

Bewahre uns auf den Wegen durch die Zeit:

geh mit durch Freud und Leid.

dank dir stehn wir im Glauben bis ans End

und bleiben von dir ungetrennt.

Amen

 

Schriftlesung 1. Korinther 12,12-27

 

Chörli I: Wenn d'Schwälbeli i Süde zie

 

Predigt. Teil A

«Die Einzelnen stärken – Gemeinschaft suchen.»

Liebe Gemeinde

Unsere Landeskirche hat sich eine Vision gegeben. Sie ist mit der Basis / dem Kirchenvolk in einem langen Prozess entstanden: … >> Liedblatt

Die Landeskirche hat sich eine Vision gegeben. Das heisst, wir sind noch nicht dort, wo wir sein möchten. Doch wir sehen die Richtung. Erkennen die Leitplanken. Haben ein Ziel vor Augen.

Unsere Landeskirche hat sich eine Vision gegeben. Die, wo schon lange darauf gewartet haben, freut’s: «Endlich geht’s los». Und Kritiker hat’s auch. Die sagen: «das ist so allg. und weit gefasst, da kann man ja alles mit machen. Das heisst alles und doch nichts.»

Klar, vom Schreiben allein wird keine Vision wirklich. Weder in der Kirche, noch in Welt. So wenig wie in meinem eigenen Leben. Mit der Vision in der Schulbade oder unter Kopfkissen machen wie weiter wie bisher. Der ganze Visionsprozess wäre «für die Katz».

Die mich kennen, wissen, dass es mir wichtig ist, nicht bei den Problemen hängen zu bleiben: Ich könnte jetzt lange von all dem reden, was wir alle schon kennen und uns mehr oder weniger Mühe macht, oder Sorgen. Lösungen oder gar eine Vision sind dann selten bis nie im Blick. Ihr kennt die aktuellen Schlagworte: Pandemie, Klima, politische Un-Kultur, Auseinandertriften der Gesellschaft.
Gleichzeitig sind all diese Schlagworte Beispiele dafür, wie wichtig es wäre: «Die Einzelnen zu stärken – Gemeinschaft zu suchen.»
Noch leben wir in einer Zeit, die den Einzelnen schwächt und immer wieder das Trennende sucht. Gott sei es geklagt!

Heute Morgen geht es um die Vision unserer Kirche.

1. Was braucht es für eine Vision:

da ist der Wunsch, dass sich etwas ändert. Wer satt und zufrieden ist, braucht keine Vision. Da muss ein Verlangen sein, dass sich etwas ändert Unsere Biblische Botschaft ist getragen von dem, das Menschen sich ändern, «umkehren» wollen. Doch wie bei uns geht das selten so ring wie gewünscht. Die Kräfte, die einem am Ort festhalten, sind gross. Äusseren Umstände nehmen einem oft den Handlungsspielraum, usw.

Doch genau da beginnt eine Vision, auch wenn man das für sich selbst gar nicht so nennen würde: Da ist der Wunsch, vielleicht sogar die Sehnsucht, dass sich endlich etwas ändern mag. Zum Besseren.

Paulus hatte so einen Wunsch für seine Gemeinde in Korinth: Auch dort wurden in der Gemeinschaft die Einzelnen geschwächt und das Trennende gesucht. Paulus konnte nicht glauben, was dort in Korinth los war. Was war da aus dem Evangelium, aus der guten Nachricht geworden!?? So wie bei uns heute gab es dort Besserwisser, Schlaumeier und solche, die meinten, sie seien etwas besonders. Könnten sich alle Freiheiten herausnehmen. Und anderes mehr. Was macht Paulus? Vgl. Schriftlesung: er vergleicht die Gemeinschaft mit einem Leib, mit einem lebendigen Organismus, wo es alle braucht… Ohr und Hand, Mund und Magen, Augen und Anus. Alle gehören dazu, haben zwar verschiedenen Aufgaben und doch braucht es alle. Damit das Ganze überhaupt funktioniert. Damit es rundläuft. Und jeder, der Zahnweh hatte, weiss, wenn nur ein Zahn leidet, leiden alle Körperteile mit.

Genau so könnten wir die Einzelnen stärken. Uns einsetzen, damit der Schmerz oder was immer es im konkreten Fall ist, weniger wird. Die Einzelnen im Blick zu behalten, das haben wir ja gerade während den Lockdowns wieder neu einüben können. Und ich bin froh für alles, was da möglich wurde (vgl. Verleihung Berner Sozialpreis).
Ein Leib – viele Glieder: das macht uns als soziale Wesen aus. Ein Leib – viele Glieder: das ist ein griffiges Bild für den 4. Leitsatz: «Die Einzelnen stärken – Gemeinschaft suchen.»

2. wenn Paulus heute hier wäre, würde er vermutlich ein andere Bild brauchen: Ein Chörli – viele Stimmen! Es braucht alle, damit es gut tönt. Jede Stimme hat ihre Aufgabe als Teil des Ganzen! Wenn da jede etwas anderes singen oder jutzen würde!? Oder wenn der Bass finden würde, wir sind die wichtigsten, ohne uns geht gar nichts! Ein Chörli – viele Stimmen! Es braucht alle, damit es gut klingt.
Ja, mehr noch: ihr habt ein gemeinsames Anliegen, ähnlich einer Vision: ihr habt euch für ein bestimmtes Liedgut entschieden. Das verbindet euch. Ihr wollt nicht Abba, Bach und Country singen. Das wäre alles auch schön. Und doch habt ihr eine Wahl getroffen.
Das können wir für die Umsetzung der Vision mitnehmen. Als Kirche müssen und können wir nicht alle Stile beherrschen. Aber wir müssen und dürfen wissen, in welche Richtung wir uns entwickeln und wie wir unsere Vision zum Klingen bringen.

Euer erstes Lied: «Wenn d'Schwälbeli i Süde zie» - das Stück bringt für unser Thema heute Morgen etwas zum Klingen: da höre ich Sehnsucht, den Wunsch: nach Wärme, keinen Winter, sich einfach zwei Flügel anmontieren und los. Das wäre gäbig. Und ich höre etwas von bestimmten Zeiten: Schwalben wissen einfach, wenn’s Zeit ist für den Aufbruch. Wir wissen das leider nicht immer. Im Alltag wie für Visionen ist unser Zeitgefühl und der innere Kompass von manchem überlagert. Schön, dass uns das Lied daran erinnert und auch etwas Tröstliches mit dabei hat: «U d’Winterzyt, wo sträng isch gsy, di geit zum Glück o mal verby.» Wir bekommen mehr als eine Chance zum Aufbrechen.
Und – euer Lied ergänzt: ich weiss, wo ich hingehöre! Auch das braucht jede Vision, die wir mit Leben füllen wollen. Ich weiss, wo ich hingehöre.

Ganz ähnlich klingt es gleich im nächsten Stück: «s isch Herscht»: auch da hören wir vom Wechsel der (Jahres-)Zeiten. Und davon, dass wir sagen und singen dürfen, was einem Mühe macht. Und gleichzeitig hören wir: «Vertrou uf Gott.» Auch das braucht’s für jede Vision, die mit Leben gefüllt wird.

 

Chörli II: s isch Herscht  /  E gschänkte Tag

 

Predigt. Teil B

Mit dem «gschänkte Tag» mach ihr mir eine doppelte Freude: mir gefällt das Lied; und es passt dazu, wenn´s darum geht, Visionen mit Leben zu füllen: Bis wir das grosse Ziel von einer Vision erreichen, «gibt’s mänge Tage, wo einem nüt mehr freut…». Wo man nur noch Wolken sieht und sich frägt, was mache ich da eigentlich!?

Das Lied ist für mich ein Durchhalte-Lied, dann, wenn´s einem dünkt, es weiter nicht geht. Und: Es ist für mich auch ein Vertrauens-Lied. Ich vertraue, dass die Wolken von Schwierigkeiten, Widerständen oder was immer es gerade ist - alle Wolken ziehen weiter.

Und – wie im Lied –gibt es nicht nur das grosse Finale. Es gibt Wegabschnitte – so wie nach jeder Strophe – ein Zwischen-Halt, ein Zwischen-Ziel, ein geschenkter Tag. Gott sei Dank.

«Die Einzelnen stärken – Gemeinschaft suchen.»

Die Reihenfolge ist sicher kein Zufall: dort, wo wir Einzelne stärken, wirkt das in die Gemeinschaft hinein. Überall da, wo wir das Miteinander weiterbringen wollen, kommen Einzelne in den Blick.

Schauen wir nochmals zu Paulus und den Korinthern: Wenn es der Lunge nicht gut geht, ist der ganze Mensch betroffen. Und umgekehrt: Wenn es der Lunge gut geht, hat der ganze Organismus wieder genug Sauerstoff.

Beim Chörli: Wenn eine tragende Stimme geschwächt ist, wirkt sich das auf alle aus. Und umgekehrt: Wenn eine tragende Stimme gestärkt ist, gibt das allen Sicherheit.

Wenn wir das Stärken der Einzelnen aus dem Blick verlieren, werden wie als Gemeinde unsere Strategie nicht weiterbringen. Und umgekehrt: Wenn wir das Stärken der Einzelnen im Blick behalten, werden wir als Gemeinde unsere Strategie mit Leben füllen.

Nachher beim Kirchenkaffe haben wir Gelegenheit zum Austausch, wir haben unter uns: Lehrer, Dirigent, KaPo Polizistin, Nachbarin. Wenn wir voneinander hören, wie Gemeinschaft gefunden wird, wenn Einzelne gefördert werden.

«Die Einzelnen stärken – Gemeinschaft suchen» Ist Teil der Vision 21 - sie heisst: Von Gott bewegt. Den Menschen verpflichtet. Jetzt Visionslied singen...

 

2. Lied Von Gott bewegt. Den Menschen verpflichtet, 1.2.4

[…]

 

Segen

Der Barmherzige segne dich und behüte dich.

Der Gütige lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

Der Ewige hebe sein Angesicht zu dir und gebe dir Frieden.

 

Gottesdienst am 7.11.21, 9.30 in der Stadtkirche

Mitwirkende:
Organistin: N. Wirz
Lektor: Jan Moll
Sigristin: M. Trüssel
Chörli der Kantonspolizei Bern, Dirigent: Hanspeter Eggenberger

 

Download Liedblatt mit Leitsätzen der Vision 21

Link: Chörli der Kantonspolizei Bern